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Miteinander sprechen: Kommunikations-Tipps für den Alltag

Kaffee trinken Freundliche Gesten
© Stocksy
Ein Großteil unseres Lebens ist Kommunikation. Doch wie oft kommt nicht das beim anderen an, was wir eigentlich sagen wollten, wie oft führt das sogar zum Streit? Was dagegen hilft - acht Einsichten.

Manchmal ist es wie verhext: Dann wollen wir auf dem Elternabend in der Schule eine Idee vortragen, aber keiner versteht sie. Oder wir schreiben einer Kollegin eine aus unserer Sicht sachliche Mail, doch die Empfängerin beschwert sich am nächsten Tag über den herrischen Ton. Oder wir wollen den Partner nur schnell an einen Termin erinnern – und schon haben wir den dicksten Streit.

Mit anderen zu reden, das führt jedenfalls im Alltag viel häufiger zu Missverständnissen und Unklarheiten, als uns lieb ist. Erschwerend kommt hinzu, dass wir heute in den meisten Lebensbereichen viel lockerer miteinander umgehen, der Ton viel ungezwungener ist als noch vor Jahrzehnten. "Höflichkeits- und Umgangsformen in Gesprächen sind mittlerweile nicht mehr bindend", sagt die Kommunikationsexpertin und Konfliktberaterin Ursula Wawrzinek. Weder sei festgelegt, mit welcher Floskel man ein Gespräch mit einem Fremden beginnt, noch gäbe es Standards, wie ein Umgang mit Vorgesetzten aussehen sollte. Diese Formlosigkeit kann erleichternd sein. Doch sie sorgt auch für Verwirrung und birgt die Gefahr von Kränkungen.

Miteinander sprechen: Kommunikations-Tipps für den Alltag
© Silke Zander

Besonders flapsig oder auch ruppig ist der Ton in den sozialen Medien, was auch in zahlreichen Studien belegt ist: An der Universität Zürich haben etwa die Soziologinnen Katja Rost und Lea Stahel kürzlich 532.197 Kommentare zu Online-Petitionen untersucht und herausgefunden, dass in 20 Prozent aller Beiträge verbale Aggressionen, Schimpfworte oder offene Angriffe stattfanden. Das zieht oft endlose Streitereien nach sich, die jegliche sachliche Kommunikation unmöglich machen.

Das heißt übrigens nicht, dass wir alle aggressiv sind. Wir achten bloß immer weniger darauf, wie unsere Sprache wirkt und welche Worte wir wählen. "Wenn wir klarer sprechen wollen, sollten wir uns häufiger bewusst machen, wie wir reden", rät Wawrzinek deshalb. Es geht also darum, immer mal wieder eine Art inneres Radar für die eigenen Sätze anzuknipsen und gegebenenfalls den Kurs und die Wortwahl zu ändern. Hier sind acht Anregungen, die dir dabei helfen können:

1. Einfach sprechen

Viele von uns denken fälschlicherweise, dass kurze Wortbeiträge auch weniger Gewicht haben. In Teambesprechungen oder in privaten Runden reden wir deshalb oft weitschweifiger, als wir müssten. Den Kern der Sache bringen wir so meist nicht rüber. Diese Art zu reden werde uns in der Schule beigebracht, sagt der Kommunikationstrainer und Autor Thilo Baum: "Dabei werden wir eigentlich nur verstanden, wenn wir Klartext sprechen."

Je kürzer und deutlicher wir unsere Sätze und Redebeiträge formulieren, desto besser, sagt Baum. Dazu gehöre etwa, dass wir nie mit einem Nebenaspekt anfangen sollten, sondern immer mit dem, was uns am allerwichtigsten ist - und zwar in möglichst einfachen Worten. So verstehen uns alle direkt. Außerdem lade das knappe Reden auch andere dazu ein, sich präziser auszudrücken. Es lohnt sich also, sich vor wichtigen Gesprächen etwas Zeit zu nehmen - ein paar Minuten nachdenken und ein paar stichwortartige Notizen reichen meistens aus, um zu erkennen, was man unbedingt rüberbringen möchte.

2. Emotionen runter

Wir alle kennen Momente, in denen wir besonders wütend, ängstlich oder genervt sind - und diese Emotionen ungebremst in das einflechten, was wir gerade sagen wollen. Doch das geht oft schief: "Wer starke Gefühle hat, kommuniziert ausschweifend und oft verletzend - denn in einem aufgewühlten Zustand kann man nicht klar denken", sagt Wawrzinek.

Deshalb ist es wichtig, dass wir zu unseren Gefühlen etwas Abstand gewinnen, bevor wir mit einem klärenden Gespräch anfangen. Nur so können wir entscheidende Punkte sachlich vortragen. Wer gerade auf einer Welle der Gefühle schwimmt, sollte also lieber abwarten, bis innerlich wieder etwas Ruhe eingekehrt ist: Meist sind die Emotionen nach wenigen Minuten schon runtergekocht.

3. Guter Ton

Wenn andere uns zuhören, bekommen sie oft nur zu 20 Prozent mit, was wir inhaltlich sagen. Zu 80 Prozent registrieren Zuhörer, in welchem Ton und mit welcher Beziehungsbotschaft etwas gesagt wird. Wenn wir mit jemandem aus der Familie über den Einkauf sprechen oder im Team über Jobprojekte, dann reagieren andere blitzschnell und oft unbewusst auf den Ton, in dem wir reden. Wer etwa hektisch vorträgt, dass man das Projekt nun in aller Ruhe zu Ende führen wird, dem glaubt man nicht. Und wenn man missmutig die Lebensmittel für die Einkaufsliste herunterleiert, hört das Gegenüber nicht mehr "Kauf Äpfel!", sondern "Es ist sinnlos, über Einkäufe zu reden" oder sogar "Du langweilst mich".

Es werden also Nebenschauplätze aufgemacht, die vom Thema ablenken. "Es macht Sinn, sich immer mal wieder bewusst um einen sachlichen bis freundlichen Ton zu bemühen", sagt Wawrzinek. Wer sich gerade nicht sicher ist, ob er in einer Situation den richtigen Ton trifft, kann sich fragen: Würde ich gern so angesprochen werden, wie ich mein Gegenüber gerade anspreche? Die Antwort darauf hilft, sich selbst zu regulieren.

4. Beobachtung statt Bewertung

Unsere alltägliche Sprache ist voller Urteile. Das hat der US-amerikanische Kommunikationsexperte Marshall B. Rosenberg bereits vor Jahrzehnten festgestellt. "In unserer ständigen Bewertung liegt letztlich eine Abwertung", sagt Rosenberg. In der von ihm entwickelten gewaltfreien Kommunikation ist es deshalb wichtig, beim Sprechen eher zu beschreiben als zu bewerten. Das ist bei Konflikten besonders entscheidend, aber auch im allgemeinen Umgang hilfreich.

Angenommen, ein Freund kommt häufiger mal zu spät zu Verabredungen. Es ist naheliegend, ihm einfach bei nächster Gelegenheit zu sagen: "Du bist unzuverlässig." Doch eine so allgemeine Beurteilung ist für Rosenberg eine unklare, unfreundliche Aussage. Klarer für alle Beteiligten wäre die Feststellung: "Du hast letzte Woche nicht angerufen, obwohl du das angekündigt hast. Und am Freitag warst du erst um halb neun da, obwohl du um acht da sein wolltest." So eine Beschreibung gibt dem anderen eine echte und sachliche Rückmeldung. Und die führt zu weniger Aggression und Wut im Gespräch, weil es keinen offenen Angriff gibt.

Gäste an der gedeckten Tafel
© Silke Zander

5. Weniger Meinung

Im Internet fühlen sich viele von uns aufgefordert, unverblümt ihre Meinung zu sagen. Facebook, Twitter oder Kommentarfunktionen auf Websites laden dazu ein, schärfer und süffisanter zu kommentieren, als wir es sonst tun würden. Das mag in Einzelfällen okay sein, doch nehmen wir die Gewohnheit, alles unverhohlen und hart zu kommentieren, leicht mit in unseren Redealltag.

Der Neurowissenschaftler Joachim Bauer weist etwa darauf hin, dass unser Sprachzentrum mit unserem Emotionszentrum verbunden ist. Wenn wir uns also regelmäßig in Chats in heftige Streitgespräche verstricken, sind wir auch im echten Leben schneller aufgebracht. Und gewöhnen uns daran, andere anzugreifen oder unsere Meinung "rauszuhauen".

Wenn alle nur ihre Meinung sagen, läuft das Gespräch aus dem Ruder.

Das stört die Kommunikation häufig empfindlich. Denn Gespräche, in denen alle ungefiltert ihre Meinung sagen, laufen sowohl im Netz als auch in Face-to- Face-Kontakten schnell aus dem Ruder. In Bereichen, in denen wir viel Wissen haben, also quasi Experten sind, ist unsere Meinung gefragt - denn sie bringt andere weiter. In allen anderen Kontexten schaffen ungebremste Meinungsäußerungen eher Konflikte und Unklarheiten.

6. Guck, wer dort steht

Einfühlungsvermögen ist für eine klare Kommunikation zentral, betont Marshall B. Rosenberg in seinen Büchern. Bei Menschen, die uns vertraut sind, greift eine solche Empathie automatisch: Wenn wir etwa unseren Kindern von unserem Tag erzählen, dann wählen wir ganz andere Worte und Inhalte als beim Gespräch mit unserem Partner.

Das Sich-in-andere-Hineinversetzen ist aber auch für alle anderen Gespräche wichtig: Wenn wir eine Bekannte auf der Straße treffen, erzählen wir ihr eine Anekdote aus dem Job wesentlich knapper, als wir das bei einem Kollegen tun würden, der sich für Details und Interna interessiert. Es geht also immer darum, die Infos, die wir rüberbringen, klar aufs Gegenüber zuzuschneiden. Diese Art der alltäglichen Empathie führt dazu, dass andere uns besser verstehen.

7. Innerlich aufgeräumt

"Wer klar sprechen will, der muss innerlich klar sein." So lautet eine weitere Einschätzung der Kommunikationsexpertin Ursula Wawrzinek. Das heißt: Bevor wir mit anderen reden oder gar kritische Punkte ansprechen, sollten wir ungefähr wissen, was gerade innerlich mit uns los ist. Und es ist hilfreich, wenn wir unsere Ziele und Wünsche an das Gegenüber kennen. Angenommen, man will seiner Nachbarin sagen, dass sie im Treppenhaus zu laut ist und dass man davon gestört wird. Dann ist es ratsam, sich vorher kurz zu fragen, warum man so gestresst von dem Lärm ist und welche Gründe man hat, gerade jetzt so darauf anzuspringen. Und man sollte wissen, was das Ziel des Gesprächs sein könnte: Soll die Nachbarin ab jetzt schleichen? Oder einfach nur nicht die Türen knallen? Wenn man die eigene Verfassung einschätzen kann und seine Ziele kennt, sind die Chancen für ein klares Gespräch wesentlich höher.

8. Vorsichtig schreiben

Viel Kommunikation läuft heute über Mails. Die schriftlichen Nachrichten können zur Klarheit beitragen - wenn wir sie ohne Hektik formulieren, uns vorher überlegen, was uns wichtig ist. Außerdem ist es ratsam, das Geschriebene vor dem Abschicken noch mal durchzulesen und zu gucken, ob Unklarheiten oder gar verletzende Sätze hineingerutscht sind.

Kommunikation über Mails oder Chats ist auch deshalb oft eine Quelle für Ärger, weil wir etwas schluderig schreiben, oft sogar die Anrede oder abschließende Grüße der Schnelligkeit halber einfach weglassen. Wie wäre es, sich die Zeit dafür ab jetzt wieder zu nehmen? Oft schreiben dann auch andere mit mehr Sorgfalt und Klarheit zurück. So lassen sich durch Mails viele Worte sparen, sowohl im Beruf als auch im privaten Bereich. Wichtig ist allerdings, dass man auch weiß, wann die Mail als Medium versagt: "Sobald sich ein Konflikt anbahnt und Mails mit Argumenten hin- und hergehen, wird es schnell kontraproduktiv", sagt Ursula Wawrzinek. Dann ist es besser, kurz zum Telefonhörer zu greifen und die Sache im Gespräch zu klären.

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