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Kaffee-Wissen: Was macht guten Kaffee aus?

Die Kaffeekultur in Deutschland boomt. Lange schienen die großen Ketten außer Konkurrenz, doch jetzt geht‘s um die Bohne: Kleine regionale Kaffeeröstereien mischen den Markt auf und möchten ein stärkeres Bewusstsein für Genuss und Qualität in der Tasse schaffen.
Neue Rösterei, Lübeck
© Neue Rösterei Lübeck

Wussten Sie, dass Kaffee fast doppelt so viele Aromen hat wie Wein? Genau genommen 800. Damit ist das „schwarze Gold“ eines der komplexesten Naturprodukte überhaupt. Seine geschmackliche Bandbreite reicht von dunkler Schokolade über Karamell- und Nussnoten bis hin zu fruchtigen Komponenten wie Himbeere oder Banane. Begriffe, die viele von uns zunächst nicht mit Kaffee in Verbindung bringen würden. Dabei ist der Wachmacher hierzulande mit 164 Litern jährlich das meistkonsumierte Getränk, noch vor Bier.

Seine Vielfalt an Aromen befindet sich jedoch nicht im Rohkaffee, sondern wird erst durch den Röstvorgang aus jeder Bohne herausgekitzelt. Hierbei gilt: Zeitersparnis geht zulasten der Qualität. Gute Kaffeeröstereien setzen daher auf das aufwendige Verfahren der schonenden Trommelröstung, bei der die Röstdauer bei niedrigen Temperaturen in etwa 20 Minuten je 20 bis 50 Kilogramm Bohnen beträgt – genügend Zeit, damit sich volle Aromen aufbauen und ungewollte Säuren abbauen können.

Beim Industrie-Kaffee werden per Heißluftverfahren bis zu einer halben Tonne in zwei Minuten geröstet. Kein Wunder, dass sich das Endprodukt geschmacklich hinter den sogenannten „Spezialitätenkaffees“ einreihen muss. Neben hoher Qualität und bewusstem Genuss, rückt die „Third Wave Coffee“-Bewegung auch Herkunft und Anbau in den Fokus. Viele der Röstereien kaufen ihre Bohnen direkt vom Bauern.

Wir haben mit drei Experten gesprochen, die alles rund ums Thema Kaffee erklären können.

Wie gelingt eine professionelle Röstung?

Philip Turpin, 2. Platz der Deutschen Röstmeisterschaften 2019

Gründer der Neuen Rösterei Lübeck
Die Gründer der Neuen Rösterei in Lübeck Sergey Sukhachev, Philip Turpin, Sebastian Hausschild
© Neue Rösterei Lübeck

LaH: Kann jeder das Rösten lernen?
Philip Turpin: Ja, aber es setzt sehr spezifisches Wissen voraus. Als Röster greife ich jeden Tag auf meine Erfahrung zurück, um Probleme zu lösen und den Kaffee zu verbessern.

Wie lassen sich Geschmack und Aroma eines Kaffees beeinflussen?
Je nachdem, wie die Röstkurve gestaltet wird, kann der Geschmack komplett unterschiedlich ausfallen. Ein Kaffee wird immer ein bestimmtes Aromenprofil haben. Als Röster ist es mein Job, dieses zu finden, zu interpretieren und dann herauszurösten. Wir können aus einer Bohne verschiedene Endprodukte kreieren, indem wir die Röstung verlängern oder verkürzen und mit den verschiedenen Röstphasen spielen.

Kann man die Qualität des Kaffees dabei anheben oder gar verschlechtern?
Absolut. Es ist stark von der Qualität der Rohbohnen abhängig. Prinzipiell steht und fällt die Qualität in der Tasse zu gleichen Teilen mit der Röstung wie mit der Zubereitung. Röstdefekte sind vielleicht nicht für Jedermann zu schmecken, aber ein Kaffee muss nicht bitter schmecken. Das können wir alles über die Röstung steuern, jeder hat da seine eigene Röstsprache…

Gibt es Bohnen, mit denen Sie lieber arbeiten als mit anderen?
Mich faszinieren alle Bohnen und Variationen gleichermaßen. Sie alle haben unterschiedliche Herausforderungen und zeigen leider nicht jedem, was sie können. Ich finde es jeden Tag aufs neue spannend, jeder Sorte gerecht zu werden und die Bohnen in der Tasse leuchten zu lassen.

Wie geht gute Kaffeekultur?

Nicole Battefeld, Deutsche Barista-Meisterin 2018

Deutsche Barista-Meisterin 2018 Nicole Battefeld
Barista-Meisterin Nicole Battefeld
© Röststätte Berlin

LaH: Wie lange haben Sie gebraucht, um Ihr erstes Motiv auf der Kaffeeoberfläche zu kreieren?
Nicole Battefeld: Ich habe mir Latte-Art selber beigebracht, nach einem halben Jahr war ich ziemlich gut. Mit einem Workshop, etwa in der Barista Academy der Röststätte, kann man den Lernprozess um einiges beschleunigen und die Technik besser verstehen.

Sie haben die „Female Barista Society“ ins Leben gerufen, welche Intention steckt dahinter?
Es ist eine Art Kommunikationsort für weibliche Barista. Wie in vielen Berufen sind Frauen auch in der Kaffeewelt unterrepräsentiert. Doch wir sollten uns mehr trauen, Inititativen ergreifen und Chancen wahrnehmen. Ich möchte meine Erfahrungen teilen, um mehr Frauen zu unterstützen und ihr Selbstbewusstsein zu stärken, dass Sie es schaffen können.

Was muss geschehen, um den Weg zu einer besseren Kaffeekultur zu ebnen?
Um das zu ermöglichen, müssen wir verstehen, wieviel Arbeit in jedem einzelnen Kilo Kaffee steckt. Wir Baristas sind das letzte Glied in der Kette, die wahren Helden sind die Farmer und Produzenten. Der blinde Konsum und das Übertünchen des echten Kaffeegeschmacks mit Zuckersirup und Pumpkin Spice Frappucino Flavour hat Ausmaße angenommen, die mit Kaffee nichts mehr zu tun haben…

Was macht guten Kaffee aus?

Die Public-Gründer Argin und Arameh Keshishian

die zwei Gründer von Public Coffee Roasters in Hamburg
Die Gründer Argin und Arameh Keshishian
© Public Coffee Roasters Hamburg

LaH: Was fasziniert Sie an Kaffee?
Argin und Arameh Keshishian: Die Vielschichtigkeit. Vom Anbau bis zur Zubereitung sind es so viele Menschen und Persönlichkeiten, die dieses Produkt begleiten und alles richtig machen müssen, damit die Qualität, die wir haben wollen, erreicht wird. Es ist immer wieder ein Erlebnis.

Wie sind Sie darauf gekommen, von einem Hausboot aus zu rösten?
Wir haben im Rahmen der Konzeptberatung für das Café Entenwerder 1 die Location unserer heutigen Rösterei entdeckt und uns direkt verliebt. Hamburg, Hafen, ehemaliges Zollhaus und Kaffee. Das ist für uns Kaffeeromantik pur.

Nach welchen Kriterien wählen Sie Rohkaffee aus und wie behandeln Sie das Thema Nachhaltigkeit?
Wir achten darauf, dass die Qualität unseren Vorstellungen entspricht. Danach prüfen wir persönlich, ob vor Ort alles rechtens zugeht. Wir bestehen darauf, langfristige Partnerschaften mit den Farmern einzugehen, damit diese sich auf uns verlassen können. Jede Saison irgendeine neue angesagte Kaffeesorte zu haben, ist uns nicht so wichtig, sondern ein nachhaltiges, ökonomisch und ökologisch verträgliches Sortiment. Der Fokus liegt auf kleinen Farmen, wie beim Filterkaffee „Elida“, der nach der Farm benannt ist und eine Produktion von 20 Säcken à 40 Kilogramm im Jahr hat. Wenn der Kaffee aus ist, muss man halt warten. Wir legen viel Wert darauf, dass bei der Nachernteversorgung so wenig Wasser wie möglich verschwendet wird und der CO²-Footprint so gering wie möglich ist.

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